Am 05. Mai 2016 leitete Manfred Brinkmann das Pokalfinale der Altherren zwischen BW Voerde und Hagen 11 vor knapp 200 Zuschauern. Ein Highlight zum Abschluss seiner langen Schiedsrichterkarriere. Am 22. Mai, kurz vor seinem 70. Geburtstag, war endgültig Schluss. Manfred hängte seine Pfeife nach 35 Jahren an den Nagel. Wir trafen den 1,95 m großen leidenschaftlichen Hobbynikolaus in seinem schönen Domizil am Ischeland-Teich zum Gespräch, um auf seine Karriere zurückzublicken.
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Hallo Manfred. Wie fühlst Du Dich nach den ersten Tagen als Schiedsrichter-Rentner?
Manfred: Ich fühle mich gut. Mir fehlt nichts! Ich verbringe Zeit mit meiner Familie und Freunden, habe meinen 70. Geburtstag gefeiert und genieße das was mir am wichtigsten ist: Meine Zeit für mich!
Wie kam es dazu, dass Du Deine Karriere kurz vor dem Saisonfinale beendet hast?
Manfred: Vor etwa einem halben Jahr habe ich den Entschluss gefasst, dass mit 70 Schluss sein soll. Das war eine gute Entscheidung!
Kannst Du Dich noch an Deine Anfänge erinnern?
Manfred: Ja, selbstverständlich! Angefangen habe ich am 21.11.1981, als damals 35 Jähriger, mit einem Seniorenspiel der Kreisliga C beim RSV Selbecke. Es regnete in Strömen und ich trug meine Brille. Mein Beobachter Peter Kahrkling bescheinigte dennoch, der Schiedsrichter habe stets den vollen Durchblick gehabt. 25 Jahre später, im November 2006 wurde ich für meine 25 jährige SR-Tätigkeit geehrt.
Du hast also Dein halbes Leben lang gepfiffen. Wie viele Spiele sind da wohl so etwa zusammen gekommen?
Manfred: Die ersten 22 Jahre habe ich 3 Spiele pro Woche geleitet, danach habe ich es auf 2 Einsätze pro Woche zurück geschraubt. Rechnet man das hoch kommt man auf über 3000 Spiele. Dazu habe ich ja auch noch die Thekenmannschaften gepfiffen, auch wenn das damals niemand wissen durfte (grinst).
Da warst Du schon ordentlich unterwegs...
Manfred: Klar! Und das muss die Frau erst einmal mitmachen. Glücklicherweise hat sie mich immer unterstützt und häufig begleitet. Wenn sie während meiner Spiele mit unserer Tochter um den Platz spazieren ging und die Zuschauer über den Schiri fluchen hörte, musste sie sich auf die Zunge beißen und weghören (lacht).
Gab es denn so viel über Dich zu meckern?
Manfred: Eigentlich nicht. Meistens konnte ich die Spiele im Rahmen halten. Als mir Anfang der 2000er zum einzigen Mal ein Spieler an die Wäsche wollte habe ich ihm gesagt „Hau‘ doch zu – da änderst du auch nichts mehr mit!“ – Beim Bierchen nach dem Spiel hat sich der Spieler dann entschuldigt. Glück gehabt.
Du bist also der kommunikative Typ?
Manfred: Auf jeden Fall. Ich bin der Meinung, dass man mit einem Spruch im Vorbeilaufen häufig mehr retten kann, als mit einer Karte. Wenn mir ein Spieler beim Einwurf 5 Meter klaut sag ich „Guck‘ mal wo ich stehe! Ich warte hier nicht auf den Bus!“ (grinst). Wenn man die Erfahrung hat, die Beteiligten kennt und wie ich 5 Sprachen spricht, dann lösen sich viele Probleme wie von selbst. Insgesamt musste ich in 35 Jahren nur zwei Mal zur Spruchkammer.
Heute fangen die meisten Schiedsrichter in sehr jungem Alter an. Wieso hat es bei dir so lange gedauert?
Manfred: Ich habe als Jugendlicher selber Fußball gespielt. Anschließend war ich über 13 Jahre lang in der Jugendarbeit des DJK Schwarz-Gelb Hagen tätig. Damals funktionierte ich meinen Partykeller zum Sitzungssaal um. Es gab Regelkunde, Diskussionen und anschließend Bierchen. Nach internen Meinungsverschiedenheiten trat ich schließlich zurück und begann mich auf das Schiedsrichterdasein zu konzentrieren. Den Verein habe ich im Übrigen nie gewechselt.
Was war die höchste Spielklasse, die Du erreicht hast?
Manfred: Ich habe selber 3 Jahre lang in der Bezirksliga gepfiffen und in der damaligen Regionalliga gewunken. In den 80er Jahren konnte man ja nur alle 2 Jahre aufsteigen. Da ich mich mit den Theoriefragen nie so gut anfreunden konnte wie mit der Praxis, war ich in der Kreisliga gut aufgehoben. Der „Rückschritt“ war für mich aber nie ein Grund aufzuhören, denn dafür war das Pfeifen einfach zu schön!
Was war Deine Motivation für die Schiedsrichterei? Gab es ein schönstes Erlebnis, das Du herausstellen möchtest?
Manfred: Das Interessante am Pfeifen war für mich immer das Kennenlernen neuer Menschen und Menschentypen. Ich habe viele Leute kennen und schätzen gelernt. Außerdem ist es doch ein tolles Gefühl und eine innere Genugtuung, wenn man ein ehrliches Lob dafür bekommt, dass man diesen schwierigen Job gut erledigt hat. Wenn Dir ein rebellischer Jugendlicher nach dem Derby tief in die Augen blickt und sagt „Respekt, Schiri!“
Trotz neuer Hüfte und fehlenden Kreuzbandes blickst Du auf eine lange, erfüllte Karriere zurück. Welche Ratschläge und Tipps kannst Du den Schiedsrichtern unseres Kreises mitgeben?
Manfred: Das Wichtigste ist, immer Mensch zu bleiben! Außerdem darf man sich nicht beeinflussen lassen, muss komplett unparteiisch sein und durch Körpersprache und einen deutlichen, klaren und langen Pfiff seine Entscheidungen unterstützen. Meine Fitness habe ich durch ein ausgewogenes Frühstück, ein gutes Mittagessen und viel Sport aufgebaut – und wenn es mal nicht ging, half eine halbe Tube Voltaren (lacht).
Das Gespräch mit Manfred Brinkmann führten Alessandro Cordi und Magnus Fischer.